Corona-Krise, Wirtschaftskrise, Bankenkrise? Wer sein Geld möglichst sicher aufbewahren will, sollte die Bestimmungen der Einlagensicherung kennen. Wie hoch ist die Sicherheit von Geld auf normalen Bankkonten im Vergleich zu Instituten mit Staatsgarantie? Antworten auf drängende Fragen in unsicheren Zeiten.
Ältere Semester mögen sich allenfalls noch an den Konkurs der Spar- und Leihkasse Thun (SLT) im Jahr 1991 erinnern. Die Regionalbank mit 1 Mrd. Fr. Bilanzsumme hatte sich mit Hypothekarkrediten übernommen und ging während der Immobilienkrise in Konkurs. Die Bilder von verzweifelten Kunden vor verschlossenen Türen gingen um die Welt. Ein Privat- und Geschäftsvermögen in Höhe von mehr als 220 Mio. Fr. lösten sich in Luft auf.
SLT-Kunden mussten Monate und zum Teil Jahre auf Auszahlungen aus der Konkursmasse warten. Rund 6300 Kunden verloren mehr als einen Drittel ihres bei der Bank deponierten Vermögens. Danach wurden die Gesetze in der Schweiz verschärft und der Einlagenschutz in mehreren Schritten auf zurzeit 100 000 Fr. pro Kunde und Bank erhöht. Die Corona-Krise hat unterdessen eine tiefe Wirtschaftskrise ausgelöst. Sie hat das Potenzial, das weltweite und auch das Schweizer Finanzsystem in Schwierigkeiten zu bringen.
Seit der Finanzkrise 2008 sind immerhin die Eigenkapitalvorschriften der Banken verschärft worden. Schweizer Banken gelten im internationalen Vergleich als überdurchschnittlich sicher. Für die fünf systemrelevanten Banken UBS, Credit Suisse, Raiffeisen, Postfinance und Zürcher Kantonalbank (ZKB) sind zudem spezielle Vorschriften erlassen worden. Diese «systemrelevanten» Banken gelten als krisenfester als noch vor der letzten Finanzkrise.
Ein Verein treibt Geld bei Bankkonkurs ein
Sicherheit bietet Bankkunden auch der Schweizer Verein Esisuisse. Er sichert Kundengelder bei Banken und Wertpapierhäusern in der Schweiz. Wird ein solches Finanzinstitut zahlungsunfähig, müssen die anderen Mitglieder von Esisuisse umgehend die benötigten Gelder bereitstellen. Der Verein treibt nach einer Bankenpleite somit bei den noch zahlungsfähigen Banken das fehlende Geld ein.
Sollten die Kundeneinlagen infolge eines Konkurses nicht mehr verfügbar sein, erhält jeder Kunde sein Geld bis zum Maximum von 100 000 Fr. vom Liquidator ausbezahlt. Wer zum Beispiel bei einer konkursiten Bank 50 000 Fr. auf einem Sparkonto sowie 80 000 Fr. auf einem anderen Anlagesparkonto und Kassenobligationen im Wert von 30 000 Fr. besitzt, hat über die Einlagensicherung aber nur einen Anspruch auf 100 000 Fr. – und nicht die total 160 000 Fr.
Im Beispiel wäre es daher sinnvoll, die über die «Sicherheitsgrenze» hinausgehenden 60 000 Fr. auf einer zweiten Bank zu deponieren, um vom vollen Einlagenschutz zu profitieren. Schliesslich gibt es auch noch das Konkursprivileg, falls die Einlagensicherung nicht greifen sollte: Privilegierte Einlagen bis zu 100 000 Fr. werden im Rahmen der sogenannten zweiten Konkursklasse bevorzugt bzw. «privilegiert» behandelt. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit einer Auszahlung, garantiert sie aber nicht.
Diese Einlagen sind privilegiert
Zu den «privilegierten» und gesicherten Einlagen gehören Kassenobligationen, welche auf den Namen des Inhabers lauten, sowie Guthaben auf Schweizer Privatkonten, Sparkonten, Nummernkonten und Firmenkonten von Bankkunden mit Wohnsitz in und ausserhalb der Schweiz.
Im Gegensatz zu Einlagen stehen Depotwerte wie beispielsweise Aktien und Fondsanteile immer im Eigentum der Kunden. Sie werden im Konkursverfahren von Gesetzes wegen vollständig aus der Konkursmasse abgesondert und den Kunden ausgehändigt. Auch Banknoten und alle Vermögenswerte in einem Tresorfach einer Bank bleiben im Konkursfall unangetastet. Säule-3a- und Freizügigkeitskonten gelten zwar als privilegierte Einlagen, sind aber nicht durch die Schweizer Einlagensicherung abgedeckt. Sie fallen in die zweite Konkursklasse. Das erhöht immerhin die Wahrscheinlichkeit einer Auszahlung gegenüber der dritten Konkursklasse. Dort gibt es in der Regel nur noch wenig Geld.
Bundesrat will Einleger- und Kundenschutz stärken
Mitten in der Corona-Krise hat der Bundesrat im Juni den Bankkunden eine Beruhigungspille verabreicht: Er hat die Botschaft zur Teilrevision des Bankengesetzes verabschiedet. Mit der Gesetzesänderung will der Bundesrat den «Einleger- und Kundenschutz stärken sowie die Systemstabilität» fördern. Das heutige System der Einlagensicherung habe sich aber «grundsätzlich bewährt». Ein Grund unter vielen für die Gesetzesanpassung: Die Auszahlung von gesicherten Einlagen an die Einlegerinnen und Einleger hatte in der Vergangenheit – wie im Fall SLT – anstatt maximal 20 Tage jeweils mehrere Monate gedauert.
Der Verein Esisuisse begrüsst auf seiner Website den vom Bundesrat eingeschlagenen Weg der Weiterentwicklung des helvetischen Schutzsystems. Zur besseren Absicherung der Einleger sollen die Banken zum Beispiel die Hälfte ihrer Beitragsverpflichtungen gegenüber der Einlagensicherung nicht mehr in Form von zusätzlicher Liquidität absichern, sondern durch eine Hinterlegung von Wertschriften oder Schweizer Franken in bar.
Auch soll die Frist zur Auszahlung der Gelder aus der Einlagensicherung an die Bankkunden verkürzt werden, von bisher zwanzig auf neu nur noch sieben Tage. Damit gleicht sich die Schweiz an die Prinzipien der International Association of Deposit Insurers (IADI) und der EU an. Doch das Inkrafttreten des revidierten Bankengesetzes ist gemäss Bundesrat «frühestens per Anfang 2022 zu erwarten». Zurzeit befindet sich das Geschäft in der Wirtschaftskommission des Nationalrates. Die Gesetzesrevision wird voraussichtlich in der kommenden Wintersession im Nationalrat behandelt.
Maximalbetrag steigt voraussichtlich auf 7,2 Milliarden Franken
Auch mit Inkrafttreten des neuen Gesetzes soll es so sein, dass bei allen von der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) zugelassenen Banken in der Schweiz ein Einlagenschutz von 100 000 Fr. gilt – unabhängig von der Währung der Einlage. Ob eine Person mit Schweizer Bankkonto Wohnsitz in der Schweiz oder im Ausland hat, spielt keine Rolle. Auch Auslandsbanken mit Schweizer Geschäftsstelle müssen sich dem System Einlagenschutz von Esisuisse anschliessen.
Gemäss dem geltenden Bankengesetz ist der Maximalbetrag der Einlagensicherung auf einen Totalbetrag von 6 Mrd. Fr. beschränkt – unabhängig von der Anzahl möglicher Bankenkonkurse. Bei einem Wanken von mehreren grösseren Banken würde diese Summe aber kaum ausreichen, die Einlagen umfassend zu sichern. Zum Vergleich: Die Einlagen von Schweizer Bankkunden betrugen im Jahr 2019 gemäss der Schweizerischen Nationalbank rund 477 Mrd. Fr.
Gemäss Mario Tuor vom Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (SIF), einer Abteilung des Eidgenössischen Finanzdepartements, soll dieser Maximalbetrag von bisher 6 Mrd. Fr. neu nicht mehr mit einer absoluten Zahl festgelegt werden, sondern mit einem Prozentsatz der gesamten gesicherten Einlagen. Zurzeit würde dies gemäss Tuor umgerechnet rund 7,2 Mrd. Fr. betragen.
Gemäss Christian Leugger vom Verband Schweizerischer Kantonalbanken verfügen derzeit 21 von 24 Kantonalbanken über eine Staatsgarantie. Eine solche ist ordnungspolitisch bedenklich, da sie für Wettbewerbsverzerrungen sorgt und einzelne Banken staatlich bevorzugt. Sparern bietet eine Staatsgarantie, ergänzend zur Einlagensicherung von Esisuisse, zusätzliche Sicherheit. Im Ernstfall würden die Kantone für ihre Kantonalbanken einspringen und für die Rückerstattung der Kundenguthaben einstehen.
Der genaue Wortlaut der Staatsgarantie ist in der Regel in einem kantonalen Erlass festgeschrieben. Neben der Ausfallgarantie bietet zum Beispiel der Kanton Zürich der ZKB in der Verfassung auch eine «Instituts- bzw. Bestandesgarantie». Diese umfasst die Pflicht eines Kapitaleinschusses seitens des Kantons im Bedarfsfall. Die Staatsgarantie hat auch einen Preis: Die ZKB hat seit 2016 jeweils rund 22 Mio. Fr. pro Jahr für die Abgeltung dieser Staatsgarantie an den Kanton überwiesen.
Kantonalbanken nicht ganz mit weisser Weste
Beruhigend zu wissen: Zu eigentlichen Konkursen von Kantonalbanken kam es bisher nicht – aber: Die Kantonalbanken der Kantone Solothurn und Appenzell Ausserrhoden wurden Anfang der 1990er Jahre aufgrund wirtschaftlicher Probleme veräussert und in private Gesellschaften übergeführt. Die Solothurner Kantonalbank ging als Tochtergesellschaft in den damaligen Schweizerischen Bankverein über. Die Appenzell-Ausserrhodische Kantonalbank wurde von der damaligen Schweizerischen Bankgesellschaft übernommen und in den Konzern integriert.
Die Waadtländer, Genfer und Berner Kantonalbank haben – wie auch Postfinance – keine Staatsgarantie mehr. Im Falle der Berner Kantonalbank (BEKB) musste der Kanton nach der Immobilienkrise in den 1990er Jahren rund 1,5 Mrd. Fr. in eine Auffanggesellschaft nachschiessen. Danach rang sich die Politik zur Abschaffung der Staatsgarantie durch. Nachdem die Genfer Steuerzahler gut 2 Mrd. Fr. in eine Banksanierung einschiessen mussten, wurde die Staatsgarantie aufgehoben.
Doch in der Schweiz gibt es ausserdem eine implizite Staatsgarantie, denn auch bei Schweizer Banken ohne Staatsgarantie könnte vor einem möglichen Konkursfall der Staat zu Hilfe eilen. Das zeigte die geglückte Rettungsaktion des Bundes zugunsten der Grossbank UBS im Rahmen der Finanzkrise 2008. Aus Sicht vermögender Kunden kann es Sinn ergeben, Vermögen über 100 000 Fr. auf mehrere Banken zu verteilen. Bei einem Banken- und Konten-Vergleich gilt es neben der Sicherheit nur auf die Höhe der Kontenführungsgebühren und Rückzugsbedingungen sowie Strafzinsen zu achten. Magerzinsen von knapp über null Prozent zahlen längst auch die staatlich bevorzugten Kantonalbanken.
Dieser Artikel ist am 23. Oktober in der Neuen Zürcher Zeitung erschienen.