Ein Ingenieur vertraute auf den Anlagetipp seines Geldverwalters und verlor fast seine gesamte Investition. Der Gewinner: die Bank Sarasin.
Heiner Köppel (Name geändert) ist verärgert über die Bank Sarasin. Sie empfahl seinem Vermögensverwalter und Jass-Partner den Kauf von hauseigenen Wertpapieren. Köppel liess sich überzeugen und investierte Mitte Februar 2009 rund 29 000 Franken in die riskanten Schuldpapiere der Bank Sarasin. Rückblickend sagt der Innerschweizer Ingenieur: «Man hat mir die Sarazert-Dynamix-Papiere kurz vor Erreichen des Höchstkurses empfohlen.» Ende 2005 hatte die Bank Sarasin die Papiere für 1000 Franken pro Stück an die Börse gebracht. Als Köppel einstieg, betrug ihr Kurswert stolze 1908 Franken. Wenige Tage nach dem Kauf kam es zu einem Wertzerfall. Und Anfang Oktober 2012 lag der Kurs des Dynamix-Titels noch bei mageren 230 Franken. Köppels Buchverlust beträgt rund 25 000 Franken. Hinzu kommt: Die Verwaltungsgebühr der Bank Sarasin für das Papier beträgt hohe 2,8 Prozent – pro Jahr. Damian Gliott von der Vermögenspartner AG in Winterthur ZH sagt: «Wir empfehlen Privatkunden grundsätzlich keine solchen riskanten und horrend teuren Geldanlagen.» Köppel gibt trotz allem die leise Hoffnung auf eine Kurserholung nicht auf und wartet bis zur Rückzahlung Ende November 2015. Dann erhält er den Betrag zurück, der dem Kurswert der Wertpapiere zu jenem Zeitpunkt entspricht. Bis dahin zehren die hohen Gebühren des strukturierten Produkts allerdings weiter am verbleibenden Geld.
Dynamix-Papiere: Strategie war ein Fehlschlag
Köppels Zuwarten hat noch einen Grund: Dynamix wurde im April 2012 von der Bank Sarasin mangels Erfolg aus der Börsenplattform Scoach.ch gekippt. Köppel könnte die Papiere zwar ausserbörslich der Bank zurückverkaufen. Dann müsste er aber den schmerzlichen Buchverlust realisieren. Um Anleger zum Kauf der Dynamix-Papiere zu animieren, hatte die Bank Sarasin die Wissenschaft mit ins Spiel gebracht – eine Untersuchung der Uni Basel von 2004: Sie habe gezeigt, dass die – beim Dynamix-Produkt umgesetzte – Momentum-Strategie innert der letzten 10 Jahre besonders erfolgreich gewesen sei,wenn die Aktienmärkte stark schwankend und sinkend sind. Der Schweizer Börsenindex SMI befand sich just im Februar 2009, als Köppel investierte, im Sinkflug. Die Momentum-Strategie erschien dem Anleger daher erfolgversprechend. Dumm nur: Der dem Finanzprodukt zugrunde liegende SMI legte seither wieder zu, bis September 2012 fast 5 Prozent. Die starre Momentum- Strategie entpuppte sich für Köppel als Handicap. Die Bank Sarasin hatte ihm im März 2011 auf seine Fragen zum Kurssturz geschrieben: «Wir stimmen mit Ihnen überein, dass die Performance von Dynamix in den letzten 2 Jahren ungenügend war.» Die zu Beginn festgelegte Strategie müsse jedoch bis zum Verfall im Jahr 2015 unverändert durchgezogen werden. Für die Bank Sarasin waren die Papiere trotz Kursverlust eine stete Einnahmenquelle: Sie kassierte von Köppel jährlich 0,4 Prozent Depot- und 2,8 Prozent Produktgebühren – total rund 900 Franken im Jahr. Köppels Vermögensverwalter verlangte weitere 60 Franken Gebühr. Alles in allem zahlte Köppel jährlich 3,4 Prozent Gebühren für die Dynamix-Papiere. Die Bank Sarasin sagt, die Produktgebühr sei im Faktenblatt «vollständig und transparent» ausgewiesen.
Im Börsenspiel hat noch jemand profitiert – das Wirtschaftswissenschaftliche Zentrum (WWZ) der Uni Basel. Es ist Urheberin der von der Bank Sarasin umgesetzten Momentum-Strategie. Die Bank hat das WWZ für seine Beratungsleistung entschädigt. Über den Betrag schweigen sich Sarasin und WWZ aus. Fazit: Mit tollen Anlagetipps und wissenschaftlich fundierten Anlagestrategien ist das unkalkulierbare Spiel an der Börse nicht zu gewinnen. Köppel kehrt zurück zu jenem Spiel, von dem er etwas versteht: dem Jassen.